Gemeinsame Stellungnahme des Schafzuchtverbandes Berlin-Brandenburg und des ÖJV Brandenburg an das MLUL vom 30. Juni 2017:
Wir begrüßen die Initiative zu einer Verordnung und finden den grundsätzlichen Aufbau logisch und nachvollziehbar. Insbesondere die Hierarchie Vertreiben/Vergrämen, Fang, Entnahme halten wir für zielführend.
In der bisher vorliegenden Form lehnen wir den Entwurf jedoch ab. Aufgrund des frühen Stadiums des Papiers verzichten wir auch darauf, konkrete textliche Passagen vorzuschlagen oder detailliert auf einzelne Paragraphen und Absätze einzugehen. Stattdessen formulieren wir die folgenden Grundsätze, die unseres Erachtens den Kern der Verordnung bilden müssen.
Alle anfallenden Kosten für Vergrämung und Entnahme sowie deren Organisation müssen vom Land Brandenburg getragen werden.
Begründung: Die Weidetierhalter leisten einen wertvollen Beitrag zum Naturschutz und zur Landschaftspflege und agieren damit auch im Interesse der Gesellschaft. Die ökonomische
Situation dieser Landnutzung ist schwierig, sie darf nicht weiter belastet werden durch Maßnahmen, die im öffentlichen Interesse liegen.
Wölfe, die den Herdenschutz nach Mindeststandard überwinden, sind zu entnehmen. Die Entnahme hat am Tatort zu erfolgen, da eine Verfolgung einzelner „schuldiger“ Wölfe in einem
großräumigen Gebiet weder zielführend noch umsetzbar ist.
Begründung:
Kommt es wiederholt, also mehr als einmal zu Schäden an Weidetieren auf entsprechend geschützten Weiden, ist davon auszugehen, dass sich Rudel oder Einzeltiere auf diese Art der
Nahrungsbeschaffung spezialisieren. Dieser Entwicklung muss Einhalt geboten werden. Die Entnahme der richtigen Wölfe kann sinnvollerweise nur dort geschehen, wo die Schäden auftreten.
Eine individuenscharfe Entnahme im Zuge einer wie auch immer organisierten Verfolgung ist nicht möglich. Eventuell zusammenhängenden Schäden in einem Gebiet (auf verschiedenen Weiden) ist
bei der Entnahmeentscheidung Rechnung zu tragen. In den Nächten nach dem Übergriff muss das Land dem Weidetierhalter einen „Entnehmer“ zur Seite stellen.
Jegliche Verbindung zum Jagdrecht oder Übernahmen jagdlicher Regelungen sind abwegig und sollten daher unterlassen werden.
Begründung: Der Wolf unterliegt nicht dem Jagdrecht, die Regelungen des Jagdrechtes sind also unpassend. Das betrifft sowohl das Abstellen auf die jagdliche Ausbildung
(Jagdscheininhaber) oder deren Ausübung (Jagdausübungsberechtigte und Jagdpächter) als auch Regelungen zu hochwildtauglichen Kalibern.
Eine Vergrämung, die über den wolfssicheren Zaun und das Jedermannsrecht hinausgeht, also konkret der Einsatz vom Gummigeschossen darf in ihrer Wirkung nicht überschätzt
werden.
Begründung:
Erfahrungen aus Schweden beispielsweise zeigen, dass Wölfe sich von derartigen Maßnahmen nur wenig beeindrucken lassen, selbst wenn sie durch Experten durchgeführt wurden. Die Wirkung der
Barriere Zaun sowie von Stock- und Steinwürfen wird höchstwahrscheinlich nicht zu steigern sein.
Dem Kreis der berechtigten „Entnehmer“ dürfen nur Personen angehören, die vom Landesamt für Umwelt (LfU) dazu berufen sind und eine entsprechende Fortbildung absolviert
haben.
Begründung:
Weder Jagdausbildung noch Jägerprüfung in Deutschland befassen sich mit der Tierart Wolf. Es bedarf also einer anderen – in Abstimmung mit Fachexperten – näher zu spezifizierenden
Qualifikation als der herkömmlichen Jagdausbildung. Diese beiden Ausbildungen stehen vorerst unabhängig voneinander. Ferner sind Interessenkonflikte nicht auszuschließen, wenn es sich bei
Jagendem und Entnehmenden um die gleiche Person handelt.
Die Entscheidung, ob Wölfe der freien Natur zu entnehmen sind, obliegt der zuständigen Fachbehörde (LfU).
Begründung:
Es darf keinen Automatismus geben, der ohne fachliche und behördliche Prüfung zur Entnahme führt.
Die tierschutzgerechte Tötungswirkung muss unabhängig vom Jagdrecht geregelt werden.
Begründung:
Die im Entwurf übernommenen Regelungen des Jagdrechtes führen zu nicht notwendigen Einschränkungen. Beispielsweise ist die tierschutzgerechte Tötung auch mit Posten oder Schrot denkbar.
Hierzu sind unabhängige Regelungen notwendig, die sich allein am Tierschutzgedanken orientieren.
Um die mit den aktuellen Vorschlägen entstehenden Aufgaben auch bewältigen zu können, sind entsprechende Kapazitäten in den Fachbehörden LfU und MLUL vorzusehen. Die Verordnung sollte im Lichte der fortschreitenden Entwicklung sowohl der Wolfpopulation als auch der Erfahrungen des Wolfsmanagements regelmäßig überprüft und angepasst werden.
Wir sehen mit Interesse der angekündigten Verordnungsbegründung entgegen und freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit,