Leo Tuor
Cavrein
Limmat-Verlag, Zürich 2014,
90 Seiten, € 22,00
2010 in rätoromanischer Sprache erschienen, Übersetzung Claudio Spescha
Dies ist ein Buch der Jagd.
Der Ich-Erzähler beschreibt eine Steinbock-Jagd im Hochgebirge der Surselva im Vorderrheintal von Graubünden. Wie sicher bekannt ist, gilt in Graubünden die Patentjagd mit kurzer Jagdzeit und so
ist die Jagdzeit auf 14 Tage beschränkt. Zwei Wochen lang jagt er, übernachtend in zugigen, kalten Hütten über der Baumgrenze, kraxelnd über glitschige Felsplatten, rutschend über nasse Wiesen,
stundenlang sitzend und Berghänge absuchend. Unterwegs kaut er Speck und trockenes Brot. Macht dann doch ein Stück Steinwild aus, umgeht es mühselig, um dann festzustellen, dass es nicht
schussbar ist. Es gibt immer wieder eingestreute historische Reminiszenzen über Steinböcke und Geschichte, aber keine Hymne an Waffe oder Kaliber, Das Gewehr wird auch mal als Bergstock benutzt.
Zum Schluss liegt kein Stück auf der Strecke, aber er hat zwei Wochen gejagt.
Das ganze Buch atmet den Geist eines freien Schweizer Bürgers und Hochgebirgsjägers, der „Chur“, sein Synonym für die Jagdverwaltung, mit Nachsicht und Spott betrachtet und denkt, dass das
Hochgebirge seine eigenen Gesetze schreibt.
Es sind zwar nur 90 Seiten, aber diese Seiten haben es in sich und man wird unweigerlich hineingezogen, in die karge Hochgebirgswelt und in die Gedanken eines hoch gebildeten Menschen.
Das Buch eignet sich hervorragend für einen unmittelbaren Einblick in die Bündner Patentjagd und in die Welt des Bündner Hochgebirges.
Jürgen Rosemund